Das Tempelhofer Feld

Buchtipp zur Diskussion von AIV zu Berlin und der taz-Redaktion am Montag den 12. Mai: „Das Tempelhofer Feld“ von Rolf Lautenschläger, aktuelle Neuerscheinung.

Wer Tempelhof sagt, meint den Zentralflughafen Berlin-Tempelhof. Während der Teilung der Stadt das sogenannte „Tor zur freien Welt“, so Rolf Lautenschläger in seinem gerade erschienenem Buch „Das Tempelhofer Feld“. Heute steht das einstige Flughafengelände vor allem für grenzenlose Freiheit auf einer scheinbar unendlich weiten Freifläche von 230 Hektar, die an manchen Tagen bis zu 40.000 Menschen aufsuchen. Was einer der Gründe ist, warum derzeit so engagiert gestritten und diskutiert wird wie über keinen anderen Ort in Berlin.

Wie wechselvoll die Geschichte des Feldes ist verdeutlichen auch die Fotografien von Wolfgang Fritsche und Paul Langrock in dem im L&H Verlag erschienenem Buch von Rolf Lautenschläger. Sie stellen dem einstigen Mythos Tempelhof, wie er sich in den Aufnahmen von Ernst Sagebiels monumentalen Flughafengebäude manifestiert, die Gegenwart in satten Farben als heitere und verspielte, von Sehnsucht nach grenzenloser Freiheit getragene Szenen gegenüber, wenn nicht gerade im Winter durch die verschneite Weite einsam ein Fuchs streift.

In ganz Europa gibt es kein vergleichbar großes unbebautes Gelände inmitten der Stadt. Da entstehen Pläne, Visionen und Verwertungsideen, seit nunmehr hundert Jahren. Rolf Lautenschläger, Berliner Kulturredakteur und Architekturkritiker bei der Tageszeitung taz, erzählt diese Entwicklung in 23 Geschichten kenntnisreich von der Bodenspekulation in der Fliegersiedlung bis zu den Landschafts- und Bauplänen der Gegenwart – und vieles mehr. Über den städtischen Zusammenhang mit dem Schillerkiez und über Gillette und Bahlsen am Rande des Feldes. Und natürlich über die „Mutter aller Flughäfen“ (Lord Norman Foster) und die Luftbrücke als Symbol des Freiheitswillens der Stadt.

Mit dem 1. Vorsitzenden des AIV zu Berlin, Wolfgang Schuster, wird der Autor am 12. Mai im taz-Verlagshaus diskutieren. Zusammen mit dem Leiter der Abteilung Städtebau und Projekte in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Manfred Kühne und Johanna Schlaack (TU Berlin/ »Think Berl!n) diskutieren sie über die Frage, was sich aus dieser Vergangenheit für die aktuelle Debatte um eine mögliche Bebauung ergibt? Großer Raum für große Pläne, die alle platzten. Und wie könnte die Zukunft aussehen? Ein Blick in die Vergangenheit lässt erahnen, welche Metamorphose dem Feld noch bevorstehen könnte, selbst wenn der größte Teil unbebaut bleibt. Bis 1910 umfasste das Tempelhofer Feld 540 Hektar. Und weil der Militärfiskus Geld brauchte, so Lautenschläger, wurde ein Viertel des Grunds verkauft, darauf Neu-Tempelhof gegründet. Schließlich entsteht der Flughafen, dessen Schließung dann die Fantasie von Politik wie Stadtplanern und Architekten beflügelte – sogar die gesamte Bebauung für 120.000 Bewohner stand als Vorschlag im Raum. Eine Fußballarena, ein Konzerthaus im Terminal oder ein Klinik- und Gesundheitszentrum mit Flughafen-Anschluss oder gleich einen Central Park in Berlin auferstehen lassen samt Wolkenkratzer am Rand. Die Internationale Gartenbauausstellung schließlich wanderte nach Marzahn ab. Nichts davon wurde Wirklichkeit, auch weil der Berliner Senat, wie Lautenschläger schlussfolgert, ratlos agiert habe.

Das Tempelhofer Feld: für Lautenschläger bildet es eine der „letzen Basen in Berlin, wo Stadt Dichte, Urbanität, Dynamik, Mobilität und Fortschritt zugleich an- und abwesend sind.“ Auch darüber wird beim Volksentscheid am 24. Mai abzustimmen sein, was und wieviel davon zu erhalten sinnvoll ist oder bebaut werden sollte. Übrigens wurde der erste Fußballverein in Deutschland, der BFC Germania, 1888 auf dem Tempelhofer Feld gegründet – eines von vielen historischen Details aus der 800-jährigen Geschichte des Tempelhofer Feldes, mit denen Rolf Lautenschläger die Leser überrascht.

Buchrezension: Jörg Brause, Pressesprecher AIV zu Berlin

Das Tempelhofer Feld – eine Jahrhundertchance! Diskussion mit Rolf Lautenschläger (Redakteur taz.Berlin) und Prof. Dr. h.c. Wolfgang Schuster, Vorsitzender AIV zu Berlin. Moderation: Nina Apin, Redakteurin taz.Berlin; Dauer ca. 100 Minuten

Termin: Montag den 12.05.2014 um 19.30 Uhr im Verlagsgebäude der taz (Rudi-Dutschke-Str. 23, 10969 Berlin)

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