Nur wenige Bauten haben sich so in unsere Erinnerung und unser Bild von Berlin eingefügt wie die beiden, die wir in dem vorliegenden AIV-Forumheft besprechen: Das ICC von Schüler und Schüler-Witte und die Neue Nationalgalerie von Mies van der Rohe, zur Bauakademie drucken wir ein Plädoyer. Bauten von erheblicher Kraft und Einfluss, Beispiele von Architektur die Schule gemacht haben – aber die auch unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie sind Symbolbauten unterschiedlicher Epochen, sie stehen für Aufbruch in neue Zeiten: die Bauakademie für den Aufbruch in die architektonische Moderne, die Neue Nationalgalerie für den Neubeginn der Kultur des von der Naziherrschaft befreiten Deutschland und das ICC für den Aufbruch in das High-Tech-Zeitalter. Was sie verbindet, ist ihre einzigartige architektonische Qualität und ihre Fähigkeit, erhebliche Energie in uns freizusetzen: für Erhalt und neue Nutzung beim ICC, für die Totalsanierung bei der Nationalgalerie, oder für die Wiedererrichtung bei der Bauakademie.
Doch all das ist kein Selbstläufer. In allen Fällen braucht es vor allem die kritische und konstruktive Begleitung von Architekten und Ingenieurinnen, aber auch die Offenheit der Bauherrenseite für den architektonischen Anspruch und dafür, den damit verbundenen Aufwand mitzutragen. Und nicht zuletzt bedeutet die Beschäftigung mit den Ikonen der Architektur enormes persönliches Engagement Einzelner. So schreibt Arne Maibohm aus der Perspektive des Projektleiters über die überaus gründliche Sanierung der Neuen Nationalgalerie, die vollständig auseinandergenommen und besser organisiert wieder zusammengesetzt wurde, berichtet Dr. Peter Lüttmann als Zeitzeuge über die komplexe Entstehung des ICC, die er persönlich begleitet hat, und schließlich fassen Dieter Nägelke und Nicole Parlow die Bedeutung und Vielschichtigkeit der Wiedererrichtung der Bauakademie nochmals zusammen, die nach den jüngsten Verlautbarungen der Bundesstiftung Bauakademie gefährdet scheint.
Die Klimakrise, die Wohnungsnot, die sich andeutende Wirtschaftskrise und nicht zuletzt der Krieg in der Ukraine bestimmen heute vielfach unser Denken und Handeln – doch unsere Aufgabe als Architekten- und Ingenieurverein muss sein, auch unter dem Druck dieser dominanten Fragen die Belange unseres Metiers in der Öffentlichkeit zu vertreten.
Tobias Nöfer
Vorsitzender