Stadtoase: Entwicklung eines Leitbilds für ein wegweisendes Stadtquartier
Aktuelle Prognosen für Berlin rechnen mit einem Anstieg der Bevölkerung um mehr als 250.000 Personen bis zum Jahr 2030. Um der dadurch steigenden Nachfrage nach Wohnraum gerecht zu werden, wurden in ganz Berlin Flächen identifiziert, die sich für Wohnungsneubau eignen und dafür aktiviert werden sollen. Das Wettbewerbsgebiet in der Wilhelmstadt ist als Potentialfläche für Wohnungsbau im Berliner Bezirk Spandau ausgewiesen.
Das heterogene Wettbewerbsgebiet befindet sich im Süden des Spandauer Siedlungsgebietes. Neben unterschiedlich qualifizierten Grünräumen wird das Gebiet von Kasernengebäuden aus den 1910er- und 1930er-Jahren geprägt. Es wird im Westen von der Seeburger Straße sowie dem Seeburger Weg und im Osten von der Wilhelmstraße begrenzt und schließt im Süden das ehemalige Munitionsdepot der Train-Kaserne mit ein. Aktuell sind mehr als 1.000 Geflüchtete auf dem ehemaligen Kasernengelände untergebracht, der Bestand wird auch von kleinen Gewerbetreibenden und einem Nahversorger genutzt.
Ziel des Wettbewerbs ist die Entwicklung eines Leitbilds für ein wegweisendes Stadtquartier, exemplarisch eingebunden in die Parameter von Ort und Kontext.
Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sind aufgefordert, übergreifende trans- und interdisziplinäre Gruppen zu bilden. Die Aufgaben werden zwar schwerpunktmäßig einzelnen Fachsparten zugeordnet, jedoch von einer interdisziplinären Jury beurteilt. Für Kooperationen stehen Sonderpreise zur Verfügung.
Städtebau
“Spandau Ballet”
Gesucht werden städtebauliche Ideen, um das hauptsächlich für militärische Nutzungen angelegte Areal in ein lebendiges Stadtquartier umzuformen. Die städtebauliche Konzeption soll eine spezifische Identität für das neue Stadtviertel entwickeln und gleichzeitig einen Beitrag für die umliegenden Quartiere leisten. Bei der Konversion des Kasernengeländes sollen besondere Orte und charakteristische Strukturen neu interpretiert und ideenreich umgenutzt werden. Dabei eignet sich das Gebiet, um intelligente städtebauliche Konzepte zu entwickeln und experimentelle Nutzungsstrukturen, Wohnbautypologien und Mobilitätsansätze zu integrieren.
Fachsparte Verkehrswesen
Voraussetzung für die Ansiedlung von zusätzlichen Bewohnern und damit die Entwicklung des neuen Stadtquartiers ist die Gewährleistung der Verkehrsinfrastruktur.
Ziel eines integrierten Konzeptes für die Verkehrserschließung des neuen Quartiers ist es, den Anteil des motorisierten Individualverkehrs möglichst gering zu halten. Schwerpunkte sollten dabei Vorschläge zur Erschließung des neuen Stadtquartiers durch den öffentlichen Personennahverkehr und die Anbindung an das bestehende Radwegenetz bilden. Die Auswirkungen auf das bestehende Wege- und Straßennetz sind darzustellen.
Landschaftsarchitektur
„Im Alltäglichen das Besondere finden“
Schwerpunkt ist die Entwicklung eines Grünzugs, der sich von West nach Ost durch das Gebiet zieht und die Grünräume am Egelpfuhlgraben mit dem Südpark verbindet. Zu formulieren ist eine zeitgemäße landschaftsarchitektonische Lösung, welche die Situation nachhaltig qualifiziert und eine eigenständige Haltung innerhalb der heterogenen Stadt-Landschaft erkennen lässt. Für die Wegebeziehungen, Verknüpfungspunkte und Nutzungsbereiche sind Ideen für den Freiraum zu entwerfen, die die wesentlichen räumlichen Qualitäten aufgreifen, akzentuieren und aufwerten sowie bestehende und zu planende (Freizeit-)Nutzungen ordnen.
Zu klären ist, wie sich der Grünzug an seinen Rändern mit den Übergängen zu unterschiedlichen Nutzungen wie bestehenden und neuen Wohngebieten, Kleingartenanlagen und Gewerbegebieten verhält.
Architektur
„Nahversorgung neu denken“
Zentren für die Nahversorgung sind „Unorte“ – architektonisch, städtebaulich und soziokulturell.
Eingebunden in die städtebaulichen Parameter zwischen Spandauer Hasenheide und Wilhelmstraße soll ein Ort / ein Ensemble / eine Architektur hoher Qualität entwickelt werden, der ein zukunftsweisendes Konzept für die Nahversorgung aufzeigt. Hierbei sollen Themen wie die zukünftige Mobilität genauso adressiert werden wie die Auswirkung von weltweit agierenden Online-Versandhändlern auf lokale Nahversorger, die Vermarktung von regionalen landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die Nutzung der Kleingartenerträge oder Urban Gardening als Beitrag zur täglichen Versorgung in der Stadt. Ortsspezifisch soll geklärt werden, welche Dienstleistungen, Bildungs-, Sozial- und Gesundheitsangebote, aber auch intelligente, innovative, jugendorientierte oder kreative Nutzungen für das ehemalige Munitionsdepot und den verwaisten Parkplatz sinnvoll erscheinen.
Konstruktiver Ingenieurbau
Der Konstruktive Ingenieurbau bearbeitet die großflächige Überdachung eines offenen Markt- und Kleinhandelsbereichs mit vielfältigen, zeitlich wechselnden Nutzungsmöglichkeiten. Möglich sind ein Neubau auf dem freien Parkplatz neben der Kaufhalle oder eine Überdachung des ehemaligen Munitionsdepots. Unterhalb der Überdachung können begrenzt einige geschlossene Bereiche oder Einbauten vorgesehen werden, die der ständigen Nutzung dienen, wie Verwaltung oder Dauerverkaufsstände.
Freie Kunst
Das Wettbewerbsgebiet in der Wilhelmstadt wird vordringlich von einer militärischen Vergangenheit geprägt, wie es vielfältige, oft auch verdeckte Spuren belegen. Geschichte und gebaute Gegenwart durchmischen sich. Als „dritte Dimension“ soll die Zukunft mit künstlerischen Mitteln neue Akzente setzen und Vergangenes und Gegenwärtiges verknüpfen.
Ankerpunkte bilden das teilabgerissene NS-Kriegsverbrechergefängnis, die ausgedehnten Kasernengelände und die bemerkenswerten Bunkeranlagen auf dem Südgelände. Die Auseinandersetzung mit diesem schwierigen Erbe wird eine wesentliche Herausforderung für die Kunstbeiträge sein.
Mehr Informationen
https://www.aiv-berlin.de/schinkel-wettbewerb-2018
Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin e.V.
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