Die Stadt fährt Vollgas und die Politik zieht die Handbremse
Sehr geehrte Damen und Herren,
es wird auch Ihnen und den Verantwortlichen in den Bezirksämtern nicht entgangen sein, dass Berlin seit einigen Jahren eine dynamische Entwicklung vollzieht. Die Stadt wird mehr und mehr zu einer faszinierenden und zunehmend auch wirtschaftsstarken Metropole, das weiß alle Welt. Im krassen Gegensatz dazu steht das Verhalten der Organe des Landes Berlin. Der Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin möchte Ihnen mit diesem Schreiben ein Beispiel bringen von unhaltbaren Zuständen in der Berliner Verwaltung, und davon, wie es nicht weitergehen kann.
Das Stadtplanungsamt Charlottenburg-Wilmersdorf ist chronisch so unterbesetzt, dass es nicht einmal mehr die üblichen und unbedingt notwendigen Beratungstermine zur Verfügung stellen kann. Dies liegt nicht nur an Krankheit und anderen Ausfällen, sondern schlicht und ergreifend an Untätigkeit im Personalmanagement. Vor allem also daran: die Stadt fährt Vollgas und die Politik zieht die Handbremse.
So ist zum Beispiel die Stelle des stellvertretenden Leiters der Bauleitplanung aus Sparsamkeit seit 2 Jahren unbesetzt. Und die Bezirkspolitik meint, dass es ausreicht, wenn sie – wie jetzt das Ziel ist – frei werdende Stellen innerhalb von 7 Monaten wiederbesetzt. Es müssen aber 0 Monate sein!
An einem Morgen letzter Woche zur normalen Geschäftszeit zum Beispiel war das Stadtplanungsamt mit nur einem einzigen Mitarbeiter besetzt, der verzweifelt wie Sisyphos versucht den Berg an Vorgängen abzuarbeiten. Davon wird der sicher auch bald krank.
Das Beispiel zeigt eines sehr deutlich: Die Berliner Planungsämter sind überfordert und brauchen dringend mehr Personal, um mit dem rasanten Wachstum der Stadt mitzuhalten.
Es ist sicher falsch an den Stellen Geld zu sparen, die das Land aus seiner finanziellen Misere holen könnte. Es muss das Steuergeld zur Verfügung gestellt werden, das die Bürger dem Staat zahlen, damit der seine Geschicke zum Wohle aller lenkt. Die derzeitigen Zustände sorgen dafür, dass Bauvorhaben verzögert oder ganz abgesagt werden, die die Stadt dringend benötigt. Wird hier nicht umgehend massiv gehandelt, ist der soziale Frieden gefährdet. Es ist erstaunlich aber wahr, wie banal die Hintergründe sind. Das ist das Gegenteil von dem was die Politik in Sonntagsreden ankündigt und Koalitionsverträgen vereinbart.
Für den Vorstand des Architekten- und Ingenieur-Vereins zu Berlin e.V.
Tobias Nöfer, Architekt