Urbane Perspektiven für das Tempelhofer Feld weiterentwickeln
Aus Sicht des Architekten-und Ingenieur-Vereins zu Berlin steht mit dem Volksbegehren „Tempelhofer Feld“ auch die Frage nach einem zukunftsfähigen Städtebau für Berlin zur Diskussion. Dabei kann es nicht allein darum gehen, nur den prognostizierten wachsenden Bedarf an neuem Wohnraum auf Freiflächen wie dem Tempelhofer Feld zu realisieren oder andererseits von vornherein jede Bebauung oder Freiraumgestaltung abzulehnen.
Es kann nicht sein, dass die Ängste von Interessenvertretern notwendige wohnungspolitische Schritte verhindern. Die absehbare Aufwertung und befürchtete Verdrängung von Bewohnern wird durch das ausschließliche Freihalten des Tempelhofer Feldes eben auch nicht verhindert.
Deshalb stehen neben den Fragen von zukunftsfähigem Städtebau, Baumasse und Bauform vor allem auch die sozialen Herausforderungen Berlins an diesem symbolischen Ort stellvertretend im Zentrum. Es muss daher dringend über eine vielschichtige Flankierung der Planungen durch sozial-politische Maßnahmen in den umliegenden Quartieren nachgedacht werden.
Offensichtlich waren die Setzungen des städtebaulichen Konzeptes und des Freiraumentwurfs nicht robust und flexibel genug, um die Aushandlungsprozesse unserer Stadtgesellschaft unbeschadet zu überstehen. Die drei verbliebenen Baufelder erscheinen verinselt. Ihr Zuschnitt erreicht keine angemessene Quartiersgröße mehr. Zudem fehlen ihnen sinnvolle Verknüpfungen untereinander und zu den angrenzenden Stadtteilen. Dieser Mangel an Zusammenhang wird auch nicht durch das wenig kontextspezifische Freiraum-Konzept des Büros Grossmax behoben. Mit der geplanten, schrittweisen Umsetzung droht diesem Konzept ebenfalls eine Fragmentierung.
Keine Stadt ohne gebaute Urbanität
Im Versuch einen Interessenausgleich zwischen den beteiligten Akteuren zu finden, sind neben einem großen Teil der Baufläche auch die besonderen Potentiale des städtebaulichen Konzeptes verloren gegangen. Ausgangspunkt des über mehrere Planungsetappen verfeinerten Masterplans war der Respekt vor dem Tempelhofer Feld als historisch stets unbebaute Freifläche. Beabsichtigt war ein spannungsvoller Kontrast zwischen klassisch konzipierten Korridor- und Platzräumen und der Weite des ehemaligen Flugfeldes. Die geplanten Quartiere hätten in Flächenzuschnitt und Disposition die benachbarten Stadtteile sinnvoll ergänzt und untereinander verknüpft. Gleichzeitig hätten sie die Arrondierung der angrenzenden Übergangsbereiche zu erkennbaren Stadträumen ermöglicht.
Es scheint an der Zeit, eine Neubewertung und Neuausrichtung der Konzeption für das Gesamtareal des Tempelhofer Feldes anzustoßen. Für den AIV zu Berlin bietet sich auf dem Tempelhofer Feld als einem der zentralen und historisch bedeutsamen Orte in der Stadt die einmalige Chance beispielhaft vorzuführen, wie in Berlin Klimaeffizienz im Wohnungsbau verwirklicht werden kann und eine baukulturell hochwertig gestaltete, räumlich und vor allem sozial-integrierte Stadt der Zukunft aussehen könnte.
Jörg Brause, 9. Januar 2014, Berlin
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