Die Werkschau ist bis zum 31.08.2017 Dienstags und Donnerstags in der Zeit von 10 – 15 Uhr (und nach Vereinbarung) in den Räumen des AIV, Bleibtreustraße 33 (am Ku’damm), zu sehen.
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„Projections“ – Fotografien von Sabine Wild
Mit Sabine Wilds Projections wird es endlich möglich und sinnvoll, in der Fotografie den Gestus des Künstlers zu beschreiben, so wie es sich im Schreiben über die Malerei der letzten zwei Jahrhunderte eingebürgert hat. Da legt man großen Wert auf die Art des Farbauftrages, die französischen Tachisten der Fünfzigerjahre machten aus der Pflicht des Malers eine Kür. Sie konzentrierten sich auf den absichtslosen Fleck (tache), den die Farbe auf der Leinwand hinterließ. Gestisch, pastos oder elegant sind die Begriffe, derer sich die Kunstkritiker im Angesicht der energetischen Pinselstriche eines Vollblutmalers wie Pierre Soulages oder des Frühwerks der amerikanischen Abstrakten Expressionisten Pollock, de Kooning oder Kline gerne bedienen.
Mit den urbanen Projections hat Sabine Wild ihre vertikalen Werke weiterentwickelt, sich digitalen Gestaltungsmitteln zugewandt. Mit diesen erzeugt sie eine nachhaltige Spannung, die von gegensätzlichen bildnerischen Mitteln herbeigeführt wird: Dunklen, horizontalen und vertikalen Linien sind leuchtende Farbpartien gegenübergestellt und aufgelöste, malerisch wirkende Passagen liegen im Widerstreit mit starren, grafischen Parzellen. Sabine Wild hat sich vom Diktat der Kamera emanzipiert, das enge Korsett der fotografischen Technik abgeworfen. Also gilt es, für diese Kunst andere Kriterien zu finden – die der Malerei.
Nach Harold Rosenberg, dem Über-Kritiker der nach dem Krieg explodierenden New Yorker Kunstszene, traten die abstraktexpressiven Maler in einen intensiven Dialog mit der Leinwand. Rosenberg prägte den Begriff „action painting“, für ihn waren sie Künstler der Tat, Maler, die keine Angst vor den Antworten auf die wilden Farbattacken hatten, die ihnen ihre Bilder gaben.
Welche Sprache sprechen die Fotografien von Sabine Wild? Am ehesten ähneln ihre großformatigen Werke dem pastosen Gestus eines Franz Kline oder des Tachisten Pierre Soulages, der Energien in horizontale und vertikale Pinselhiebe packt. Doch wo Soulages ins tiefe Schwarz driftet, trägt Wild Farbe auf. Elegant dekonstruiert sie damit urbane Architekturen.
Welche Antworten geben die Projections von Sabine Wild? Die Fotooberfläche fängt den Blick ein, zieht ihn in die Tiefe des Bildraumes, wie es die Furchen und Flecken von Farbe auf grober Leinwand in der Malerei tun. Ähnlich verfängt sich ein wenig Aura zwischen den malerischen Elementen der Projections, überträgt sich auf den Betrachter. Sabine Wild ist auf dem Weg, eine neue Kunstform zu erschaffen, der Fotografie eng verbunden, doch aufgeladen mit den Stärken der Malerei.
Horst Klöver